von Susan T. Jackson
Ursprünglich auf Englisch veröffentlicht am 04. Mai 2022
Bevor die Pandemie den Reiseverkehr unterbrochen hat, gab es jährlich 1,4 Milliarden Reisende - das sind 45 Reisende, die jede Sekunde am Tag an ihrem Ziel ankommen. Deutschland verzeichnete 185,1 Millionen dieser Ankünfte. Der lokale Tourismus spielt vielerorts eine wichtige Rolle. Leider ist der Tourismus einer der größten Verursacher von Plastikmüll, der die Weltmeere verschmutzt und die Ökosysteme der Reiseziele beeinträchtigt. Das Festhalten an einem "Business-as-usual"-Ansatz bedroht eine Branche, die bereits die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommt.
Was ist nachhaltiger Tourismus?
Während sich die Tourismusbranche von ihrem pandemischen Tiefstand erholt und die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Unsicherheiten meistert, ist die Förderung des nachhaltigen Tourismus so wichtig wie eh und je. Laut UNEP berücksichtigt nachhaltiger Tourismus "seine aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen und geht dabei auf die Bedürfnisse der Besucher, der Branche, der Umwelt und der Gastgemeinden ein". Er zielt darauf ab, negative Auswirkungen wie wirtschaftliche Abwanderung und Umweltschäden zu minimieren und gleichzeitig positive Auswirkungen wie die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze und die Erhaltung des Kultur- und Naturerbes zu fördern. Und die Nachfrage danach nimmt zu.
Diese Art von ganzheitlichem Ansatz beruht auf der Einbeziehung der Nachhaltigkeit in die Tourismusbranche auf allen Ebenen, von der Planung bis zum Ergebnis. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter der Branche und die Besucher in die Lage versetzt werden müssen, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erkennen, zu verstehen und in ihren Reiseerlebnissen umzusetzen. Das kann eine Herausforderung sein, aber es gibt klare Wege nach vorne, die die Tourismusbranche schon heute beschreiten kann.
Befähigung und Transparenz sind der Schlüssel
Unabhängig davon, wo sie angesiedelt ist, gibt es in der Tourismusbranche eine Reihe von Herausforderungen, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Niemanden zurückzulassen" ist eine grundlegende Verpflichtung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung - dem globalen, auf Rechten basierenden Aktionsplan für nachhaltige ökologische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau sind Teil dieser Verpflichtung. Doch obwohl Frauen weltweit 54 % der Beschäftigten im Tourismus ausmachen, verdienen sie im Durchschnitt 14,7 % weniger als Männer in der Branche und werden auf untergeordnete Positionen verwiesen.
Eine weitere Herausforderung, mit der die Branche konfrontiert ist, ist der Mangel an Daten, die die wahren Kosten der Branche für die lokalen Gemeinschaften erfassen, wie z. B. der Anstieg des Wasserverbrauchs und der Abfallmenge. Nachhaltigkeit wird oft als eindimensional betrachtet, d. h. Unternehmen konzentrieren sich auf einen Aspekt der Nachhaltigkeit und vernachlässigen dabei die Berücksichtigung potenzieller Gegenleistungen. Ein weiteres Problem ist die Rosinenpickerei bei den Daten, indem man sich nur auf die positiven Informationen konzentriert. Der Mangel an strengen Daten und Berichten kann zu Greenwashing, Blue (Social) Washing und SDG-Washing führen. Solche Situationen erschweren es Reisenden, die nachhaltige Reiseoptionen leicht erkennen wollen. Touristen wollen zunehmend verstehen, wie ihre Entscheidungen nachhaltig sind, damit sie Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein können.
Maßnahmen für den Wandel
Die Branche braucht Nachhaltigkeit bei Entscheidungen zur Tourismusförderung, um zukunftsfähig zu sein. Es gibt keine Einheitslösungen, aber es gibt Gemeinsamkeiten, nach denen die Branche handeln kann.
Führung → Die Einbeziehung von Frauen und unterrepräsentierten Gruppen in Management- und Entscheidungsprozesse kann Reisende ansprechen und die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen stärken. Die Entwicklung und Umsetzung von Initiativen ist ein weiterer Weg zu nachhaltiger Führung. Um sich um die Umwelt und die Menschen in seinem Archipel zu kümmern, hat Palau zum Beispiel ein einzigartiges Passversprechen zum Schutz der Umwelt eingeführt, das jeder Besucher bei der Einreise unterschreiben muss. Kinder halfen bei der Ausarbeitung des Versprechens, und die Besucher werden ermutigt, lokale Unternehmen zu besuchen, die im Rahmen dieses Versprechens zertifiziert sind. Es gibt auch globale und regionale Initiativen, die Unternehmen bei ihrem Engagement für die Umwelt unterstützen, wie die Global Tourism Plastics Initiative und Hotel Energy Solutions in der EU.
Innovation → Die Branche muss einen weitreichenden Wechsel zu klimafreundlichen Transportmitteln zu und an den Reisezielen unterstützen. Die Förderung des lokalen Tourismus und die Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern können den Gemeinden helfen, innovative Lösungen für die Herausforderungen zu finden, vor denen sie stehen. Die Entwicklung und Umsetzung neuer Geschäftsmodelle, die auf Netto-Null-Kohlenstoffemissionen und Null-Abfall basieren, ist sowohl für die Menschen und die Umwelt als auch für die Wirtschaft von Vorteil.
Strategieentwicklung → Wie bei jedem Nachhaltigkeitsansatz ist es entscheidend, sich zur Nachhaltigkeit zu verpflichten und sie in das Geschäftsmodell einzubauen. Die Einbeziehung von Kriterien des nachhaltigen Tourismus in das Geschäftsmodell und die Kommunikation von Maßnahmen an alle Beteiligten können zur Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit beitragen. Die Anpassung dieser Kriterien an die lokalen Gegebenheiten erhöht die Erfolgsaussichten. Der Aufbau von Partnerschaften und die Unterstützung von Nachhaltigkeitsschulungen sind nur einige der Möglichkeiten, wie Unternehmen und Reiseziele zusammenarbeiten können. Die Kriterien und Leistungsziele des Global Sustainable Tourism Council für die Branche und die Reiseziele bieten eine Orientierungshilfe für den Einstieg.
Transformative Prozesse → Ein transformativer Ansatz für nachhaltigen Tourismus ist notwendig. Das Erzählen von Geschichten kann ein wirkungsvolles Mittel sein, um Perspektiven zu verändern und nachhaltigen Tourismus als Koproduktion zu fördern - etwas, das Touristen und lokale Gemeinschaften gemeinsam schaffen. Wenn die SDGs als Teil des Tourismus und nicht als Zusatz oder separates Projekt betrachtet werden, kann dies zu einem dynamischeren Verständnis von nachhaltigem Tourismus beitragen, was wiederum dynamische Problemlösungen begünstigt. Diese Art von transformativen Maßnahmen kann einen großen Beitrag dazu leisten, Nachhaltigkeit in den Tourismus zu integrieren.
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